Adventszeit – besinnliche Zeit. Es ist die dunkle Zeit im Jahr, die einlädt ein inneres Licht zu entzünden. Doch blinkende Vorweihnachtshektik und Endjahresstress machen es manchmal schwer zur Besinnung zu finden. Bei uns wabert schon seit Ende November Lebkuchen und Bratapfelduft durch das Haus und auch Bastel- und Sternefaltemarathon halten mich neben der unausweichlichen Geschenkejagd auf Trab.
Deswegen gibt es heute kein Rezept für Kekse oder Stollen sondern nur Gedanken und ich schreibe diesen Artikel mit Liebe für meine Mutter.
Eltern sterben in der Regel vor einem.
Das ist ganz normal. Aber wie gestorben wird ist unterschiedlich. Der eine verliert Mutter oder Vater plötzlich, ein anderer begleitet seine Eltern womöglich noch ein Stück. Und auch die Verbindungen die wir zu unseren Eltern haben sind so vielfältig wie die Persönlichkeiten selbst.
Meine Mutter und ich – und dann irgendwann ohne?
Als junges Mädchen erlebte ich wie meine Oma um ihre Mutter trauerte. Sie starb mit fast neunzig Jahren nach einem erfüllten Leben. Ich hatte sie lieb und werde sie immer in Erinnerung behalten. Ich weinte auf der Beerdigung um sie. Natürlich weil ich um sie trauerte, aber auch weil ich nicht auf einer Beerdigung nicht weinen kann. Spätestens wenn „So nimm denn meine Hände…“ gesungen wird ist es um mich und meine Beherrschung geschehen. Es könnte auch der Nachbardackel sein, der zu Grabe getragen wird.
Meine Oma war lange Zeit tieftraurig als sie ihre Mutter verloren hatte. Ich verstand das nicht. Ich dachte, sie ist doch erwachsen. Sie hat selbst schon ein Kind (meinen Vater) großgezogen. Sie braucht doch in diesem Alter gar keine Mutter mehr. Gut, ein bischen traurig ist normal…aber soooo? Ich Idiot! Keine Ahnung hatte ich… bin damit aber scheinbar in guter Gesellschaft:
Ich verstand nicht, daß man allen ernstes um einen Angehörigen, einen alten Verwandten weinen kann, der über 70 Jahre alt ist. wenn ich einer 50jährigen Frau begegnete, die verzweifelt war, weil sie eben ihre Mutter verloren hatte, hielt ich sie für neurotisch.
Siomone de Beauvoir
„Anne, ich leuchte wie ein Weihnachtsbaum“
Meine Mutter hat sich vor fast zwei Jahren auf den Weg zu einem großen Abenteuer gemacht. Am Telefon erzählte sie mir, von dem Ergebnis einer Computer-Tomographie: „Anne, ich leuchte wie ein Weihnachtsbaum“ Die Diagnose Ovarialkrebs. Gestreut hat es schon weißgottwohin und eine Aussicht auf Heilung gab es nicht. „Wie lange hast Du noch?“ Sie weiss es nicht: „Alles zwischen 3 Monaten und zwei Jahren.“
Solche Nachrichten gehören nicht unter die Top-Ten der Dinge die ich gern am Telefon höre.
Ach was – das will ich überhaupt nicht hören! Ich konnte nur einen Gedanken denken: Meine Mama soll nicht sterben. Wie egoistisch. Da ist ein Mensch, der gerade sein Todesurteil verkündet bekommen hat und ich denke: Scheiße, ich bin doch noch viel zu klein um ohne meine Mutter zu sein. Wen rufe ich jetzt morgens um halb sechs an, wenn ich nicht weiter weiß? Ich fühle mich sehr ungerecht behandelt vom Schicksal.
Tatsächlich fühle ich mich klein. Ich bemerke, dass ich immer noch irgendwie ein Kind bin. Ihr Kind. Sogar der Sprache nach. Wir haben kein Wort für „erwachsenes Kind“. Es heißt immer „Kind“ egal wie alt man ist.
Längst zu Männern und Frauen geworden, selbst schon Mütter und Väter – Wir bleiben immer das Kind unserer Eltern. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, ob ich wohl zu dem Kind geworden bin was meine Eltern sich gewünscht haben… Aber dann müsste ich jetzt wohl mindestens zwei Personen sein. Ich vermute meine Eltern hatten unterschiedliche Vorstellungen…welche genau weiß ich gar nicht. Aber dass ich dreimal heirate und mich dreimal scheiden lasse, das haben sie sich sicherlich nicht gewünscht.
Ich wünsche mir, dass Du der Mensch werden kannst der du werden sollst.
…hat meine Mutter früher gesagt. Das sagt sie heute noch. Mein Vater ist da anders. Lieben Väter anders als Mütter? Mein Vater liebt mich sicherlich. Von Herzen! Er würde sein letztes Hemd (oder Niere) für mich geben. Aber er hätte mich gern in einer Banklehre gesehen. JEDER der mich kennt und JEDER Banker auf diesem Planeten ist froh, dass dies nie geschehen ist.
Und wer ist es, der mich tröstet? Meine Mutter.
„Also erstens bin ich noch nicht tot und zweitens hast Du alles an Handwerkszeug, was du brauchst um allein zu fliegen. Du brauchst mich nicht mehr, du findest es nur schöner wenn ich noch mal im Hintergrund bin und Hilfestellung gebe. Ausserdem werde ich immer irgendwie bei dir sein. Wie und wo weiß ich nicht, aber das finde ich noch heraus. Du musst nun die Zeit nutzen und mich all die Dinge fragen, die Du noch von mir wissen möchtest.“
Bei uns wurde zu Hause immer viel gesprochen.
Das ist auch so geblieben, als meine Eltern sich getrennt haben. Da war ich sechs Jahre alt. Mein Vater ist temperamentvoll, impulsiv und kommunikativ (mit Hang zu großer Oper). Er kann gar nicht anders als zu sprechen. Ein Satz den ich oft von ihm gehört habe ist:
„Sprechenden Menschen kann geholfen werden.“
Meine Mutter ist nicht weniger kommunikativ. Einer ihrer Sätze:
„Bei uns zu Hause wurde zu wenig gesprochen. Viel zu wenig. Das Schweigen hat uns von den Eltern getrennt und uns Geschwister untereinander fremd gemacht. Das wollte ich für Dich nicht.“
Also werden wir nun NOCH mehr sprechen? Ich will gar nicht sprechen. Ich will in ihren Arm. So wie früher. Normalerweise habe ich dieses Bedürfnis seit der Pubertät überhaupt nicht mehr. Aber der Gedanke es nicht mehr zu können FALLS ich es doch wollte ist mir schier unerträglich. Das hat wohl was mit Angebot und Nachfrage zu tun…
Wir weinen gemeinsam am Telefon und lachen im nächsten Moment. Ich kann leider nicht „mal eben rüberkommen“. Meine Mutter lebt in einem Kloster in der Schweiz. Zwischen uns liegen 900 Kilometer. „Ich komme in den Frühjarsferien.“, verspreche ich. Das ist nicht mehr lang.
Wie klein sie auf einmal ist
Als ich sie sehe ist mein erster Gedanke: Wie klein meine Mutter aussieht. Ok, sie ist eh klein. Klein und dick. Aber jetzt wirkt sie noch kleiner und etwas weniger dick. Zerbrechlich. Etwas dick und zerbrechlich. Das klingt blöd. Aber es ist so.
Sie nimmt mich in den Arm. Sie riecht wie immer. Sie riecht nach Mama und ich vergrabe mein Gesicht an dieser besonders tröstlichen Stelle zwischen Schulter und Hals. Sie wartet…und wartet bis ich sie loslasse. Ihr Gesicht ist nass. Meines auch. Sprechen wir jetzt? Nein. Wir albern herum. Ich mache Witze über ihre Frisur (keine!) und sie macht etwas zu essen. Linsensuppe mit Spätzle. Ein durch und durch tröstliches Gericht.
Eigentlich ist alles wie immer. Wir tratschen und lästern und lachen und überlegen was wir mit einem Lottogewinn von 36 Millionen Euro anstellen würden. Ich verbringe eine Woche in der Schweiz und als ich mich verabschiede ist es nicht für lang. In den nächsten Ferien komme ich wieder…
Vater, Mutter, Butter und Kind
Mein Vater hatte die Idee, ich könnte meinen Geburtstag (15. Dezember) bei meiner Mama verbringen. Und er möchte mit. Ich freue mich darauf. Ich habe gern meine Eltern um mich. Meine Eltern sind seit Ewigkeiten getrennt – zwar sehr friedlich – aber Trennungskind bleibt Trennungskind und so freue ich mich auf diesen Trip mit der Aussicht meine Eltern länger als eine Familienfeierlänge beieinander zu haben.
Es ist schon lustig, wie meine Eltern sofort in „ihre“ Rollen fallen. Schon auf der Fahrt von Hamburg in die Schweiz ruft meine Mutter bestimmt vierzigmal viermal an, um sich zu erkundigen wo wir jetzt seien und wie lange wir noch bräuchten.
„Beatchen, als ob es davon schneller ginge.“ frozelt mein Vater mit ihr. Als wir auf dem Weg noch anhalten wollen um etwas leckeres zum Abendbrot mitzubringen, ist ihre größte Sorge, wie sie aus der Entfernung dafür sorgen könnte, meinen Vater möglichst schnell durch den Supermarkt zu schleusen.
„Lutz, nur Brot mitbringen. Alles andere hab ich hier. Nur Brot. Das geht ja ganz schnell.“ Schade nur, dass der Lutz dies ja nur noch mit halbem Ohr hören kann, weil er mit dem zweiten Ohr und allen anderen Sinnen dem Käsemenschen an den Lippen hängt. Die Wursttheke und die Weinabteilung liegt zu diesem Zeitpunkt noch VOR uns. Als wir mit unserer Beute endlich bei ihr ankommen nehmen sich meine Eltern lange in den Arm. Ich stehe ein bissl überflüssig und mit dickem Kloß im Hals daneben. Dann entdeckt meine Mutter die Einkaufstüten und ein Loriotverdächtiger-Dialog entspinnt sich zwischen den Zweien.
Zwei Tage verbringen wir zu dritt und sprechen über alles Mögliche. Aber über Wichtiges? Nein. Wir hecheln die Verwandtschaft durch, erzählen Geschichten von früher wir lachen viel und laut. Aber über wirklich wichtiges sprechen wir nicht.
Die Buschtrommel funktioniert
Die Nachricht von Beates Krebserkrankung zieht in Windeseile durch die gesamte Familie. Meine Großmutter lebt noch. Sie ist mittlerweile 95 Jahre alt und schon etwas dement. Meine Mutter hat eine ältere Schwester und zwei Brüder. Alle mit Anhang. Alle haben Kinder. Die Kinder (meine Generation) haben auch fast alle wieder Kinder. Und alle sind sie betroffen. Krebs. Unheilbar. Mit 66 Jahren. Sie ist die erste aus ihrer Generation, die sterben wird.
Onkels, Tanten, Cousins und Cousinen rufen an und erkundigen sich. Alle sind fassungslos und betroffen. Und es gibt kein Tutorial wie man damit umgeht, wenn ein naher Mensch unheilbar Krank ist. Mein Vater ist eher praktisch veranlagt. Er sagt meiner Mutter immer wieder: „Wenn du etwas brauchst, sag es. Wenn Du etwas möchtest, sag es. Soll ich Kaviar mitbringen? Sag es! Willst Du noch irgendwohin? Sag es mir!“
Das ist typisch. Diese Familie ist Foodfixiert. Und Reisen ist eigentlich auch nur „woanders essen“! Wahrscheinlich hat mein Vater für solche Fälle eine lange Liste. Die berühmte „Löffellliste“. Und ganz bestimmt steht da auch Kaviar drauf. Meine Mutter hat nun aber gar nicht solche Wünsche. Als Nonne lebt man ja auch ein klitzekleines bisschen in Enthaltsamkeit. Kaviar und Champagner stehen im Kloster eher nicht auf der Speisekarte. Sie wünscht sich Zeit. Mit uns. Lutz und mir. Und mit mir allein.
Du mußt eine Frage haben.
Bei aller Zeit die wir haben, scheint jetzt im Hintergrund eine Uhr mitzuticken. Tick tack tick tack…Und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich sie vielleicht nicht richtig nutze.
„Ich werde nicht ewig leben. Wenn Du noch etwas wissen möchtest musst Du mich jetzt fragen.“ Man könnte geneigt sein, an dieser Stelle zu entgegnen: „Hallo! Wenn Du mir etwas sagen willst, hau es jetzt raus.!“
Nun isses aber so, das meine Eltern so eine Idee haben. Eine padagogische Idee vielleicht. Sie sind durchdrungen von der Überzeugung dass nur wer eine brennende Frage hat, die Antwort versteht. Das bedeutet, ich bin von meinen Eltern nie zugetextet worden. Gardinenpredigten zum Thema „ordentliches Zimmer“ und „Hausaufgaben“ waren von ihrem Konzept jedoch ausgeklammert. Sie haben mir nur dann etwas von sich und ihrer Biografie (lustige Anekdötchen ausgenommen) offenbart, wenn ich eine Frage formuliert habe. Alles andere wäre für sie „Perlen vor die Säue“ gewesen.
Was ist das wirklich ganz, ganz Wichtige?
Abends liege ich im Bett und frage mich, was meine Frage ist… mir fällt nichts ein. Was fragt man jemanden der sterben wird? Was ist das wirklich ganz, ganz Wichtige? Gibt es das überhaupt? Oder ist es am Ende alles zusammen? Wir gehen es praktisch an. Ich lade mir eine Diktierapp auf mein iPad und wir setzen uns an ihren Esstisch und fangen an uns zu unterhalten. Diese Idee kommt von meiner Mutter. „Du wirst mit zeitlichem Abstand andere Dinge aus unseren Gesprächen heraushören. Vielleicht machst Du ein Buch daraus?“
Ich frage sie nach „Früher“. Sie erzählt von ihrer Kindheit, ihren Eltern, den Geschwistern. Von Sommerfrischen am Lago Maggiore und wie sie ganz fest vorhatte ihn schwimmend zu durchqueren. Glücklicherweise haben ihre Eltern sie davon abgehalten. Sie durchleuchtet die Familienstrukturen in ihrer Kindheit und wie sie sich so fest vorgenommen hat vieles anders zu machen als ihre Eltern – und warum. Die meisten Geschichten kenne ich. Doch manches ist mir neu. Nach zwei Stunden ist sie müde und muß schlafen.
Innerhalb von 4 Tagen entstehen 8 Stunden Tonmaterial
Acht Stunden in denen ich Fragen stellen und zuhören durfte. Ich weiss jetzt vielleicht ein Stückchen mehr als vorher. Manche Dinge, die sie erzählt sind schrecklich. Sie habe sich oft wie eine Fremde in der eigenen Familie gefühlt. Habe gespürt, dass „etwas nicht stimme“, aber nie gewusst was. „Über uns lag ein großes Schweigen, dass unter viel Geplapper gut versteckt war.“, sagt sie während sie sich ein paar Tränen trocknet.
Womöglich ist zu sprechen das ganz, ganz Wichtige
Nach 8 Stunden weiß ich, dass es wahrscheinlich noch viele weitere Stunden geben dürfte in denen sie mir aus ihrem Leben berichtet. Von ihrer Suche nach dem Sinn in den Dingen und wie am Ende ihrer Suche ein Kloster stand. Von Ihrer Sicht auf Religion und wie man sie leben kann. Was das größte Geschenk ist, das Gott uns gemacht hat…spoileralarm: Der freie Wille und der Glaube! Es ist noch so vieles das ich hören möchte und mit ein wenig Glück, bleiben noch ein paar Monate zum Fragen und Hören.
„Ich wünsche Dir, dass Du etwas aus den Aufnahmen und Gesprächen machst, mein Kind. Schreib dein eigene Geschichte auf. Schreib über Schweigen und Sprechen, über Lachen und Weinen und über was Du möchtest. Ich wünsche mir, ich würde es auch noch lesen können.“
….
Liebe Mama,
vielleicht danke ich Dir als erstes dafür, dass Du mich überhaupt zu Welt gebracht hast. Na gut, Du hast Dir ein Kind gewünscht – es gehörte zu Deinem Bild von eigener Familie. Aber Du hast mich bekommen und angenommen. Du hast mir Halt gegeben ohne mich festzuhalten. Du hast mir immer Mut gemacht mich abzugrenzen. Wo andere Mütter mit schlechtem Gewissen und Vorwürfen operieren, bist Du voller Vertrauen dass ich meinen Weg schon irgendwie machen werde. Bei allen Stolpersteinen bist Du letztendlich irgendwo im Hintergrund bereit zur Hilfestellung.
Oh! Und Du hast mich während meiner Pubertät nicht zur Adoption freigegeben. Dafür bin ich besonders dankbar!
- Schule schwänzen und das damit verbundene Unterschriftenfälschen
- Patzige Antworten und chronische Besserwisserei
- Tonnen schmutziger Wäsche, versteckt im Kleiderschrank
- Termitenartige Überfälle auf den Kühlschrank
- Unangenehme Anrufe von Mathelehrern
- Erstes Verliebtsein
- Erster Liebeskummer
- Blaue Wimpertusche und Bordsteinschwalben-MakeUp (Hallo? Es waren die 80er!!!)
Nicht dass es im Erwachsenenalter so viel besser ist. Das Verstecken der Schmutzwäsche übernehmen jetzt Deine Enkelkinder und auch die Kühlschranküberfälle habe ich outgesourct.
Der liebe Gott hat Dir beim letzten Austeilen ein mieses Blatt gegeben, fast so als wollte er sehen was Du daraus machst. Und ob Du was daraus machst. Du spielst Dein letztes Scheißblatt wie eine Siegerin und machst mir damit ein letztes großes Geschenk. Du zeigst mir, wie man den Tod mit Gleichmut und Würde erwartet. Und wie wichtig die Gelegenheiten davor sind. Lass uns die Momente genießen, die wir haben.
Ich liebe Dich!
12 Kommentare
Merle
10. Dezember 2017 at 17:45Ach meine Liebe Anne… Ich weiss nicht ob ich lachen oder weinen soll. Beim Lesen geschah irgendwie beides…
Du nimmst mir und vielen anderen die Worte aus dem Kopf und sprichst sie aus. Danke dafür.
Genießt die goldenen Momente. Fühl dich gedrückt
Anne
10. Dezember 2017 at 18:05Liebe Merle,
das freut mich sehr. Ich habe beim Schreiben auch gelacht und geweint. Manchmal sogar gleichzeitig.
Dési/ a matter of taste
10. Dezember 2017 at 18:57Liebe Anne,
jetzt sitze ich hier und weine. Deine Mutter scheint eine so weise Frau zu sein! Ich meine, alleine für den Satz: Ich wünsche mir, dass du der Mensch werden kannst, der du werden sollst, hat sie einen Orden verdient! Und ich verspreche ihr hiermit hoch und heilig, dass du mich morgens um 4:30 h anrufen kannst, falls du Kummer hast! Und auch, wenn der Tod ein sehr trauriges Thema ist, finde ich es schön, dass ihr euer Lachen nicht verloren habt. Und ihr immer noch, sobald es ernst wird, eure Witze macht. Es ist gut zu wissen, dass sie dir noch viel zu sagen hat und ich wünsche mir von Herzen, dass ihr dazu noch Gelegenheit habt. Und dir, dass du die richtigen Fragen stellst. Aber gibt es überhaupt falsche Fragen? Ist nicht irgendwie jede Frage wichtig? Ich glaube ihr habt etwas sehr wertvolles, nämlich, dass ihr über den Tod sprecht. Ich denke, in den meisten Familien wird bei dem Thema geschwiegen.
Ich wünsche euch ganz viel Kraft und noch viele schöne Stunden zusammen.
Liebe Grüße
Dési
Mumbai
10. Dezember 2017 at 19:08So sich so würdevoll und humorig dem Lebensende zu nähern ist wirklich ein grosses Geschenk . Ihre Mutter ist eine tolle und mutige Frau.
Anne
10. Dezember 2017 at 20:00Ja, dass ist sie. Ich kenne niemanden, der so derartig in sich ruht wie sie. Ich wünschte dass ich davon etwas mehr geerbt hätte. Aber ich komme da eher nach meinem Vater.
Liebe Grüße, Anne
Sarah
10. Dezember 2017 at 19:20Liebe Anne…
beim Lesen wurde ich um Jahre zurückgeworfen und durchlebte den Abschied von Papa nochmal… Deine Art zu schreiben trifft mitten ins Herz und auch ich habe geweint und gelacht… wie damals…
Ich denk an dich !
Anne
10. Dezember 2017 at 19:58Liebe Sarah,
vielen Dank für Deine Zeilen. Ich bin froh dass mich der liebe Gott in genau diesen Schoß gelegt hat. Meine Mutter lebt diesen Teil ihres Lebens mit einer solchen Grandezza, dass es nur so kracht. Ich bin so stolz auf sie.
Bussi, Anne
Saskia
10. Dezember 2017 at 19:44Liebe Anne,
das berührt mich zutiefst. In wenigen Wochen ist mein Vater vor 30 Jahren gestorben. Viel zu früh. Ich hätte gerne noch diese Momente des Austausches gehabt, die Du jetzt noch mit Deiner Mama hast. Aber eines ist sicher: Sie bleiben, auch wenn sie gehen. Für immer.
Liebste Grüße,
Saskia
Anne
10. Dezember 2017 at 19:54Liebe Saskia,
Du hast recht. Diese Momente sind ein Geschenk.
Liebste Grüße nach Hamburg,
Anne
Cathrin Jaburg
10. Dezember 2017 at 20:58Meine liebe Anne,
Dein Text hat mich ganz tief berührt und mir laufen noch immer die Tränen. Er hat mich sehr zum Nachdenken, über das Verhältnis zu meiner Mutter, angeregt. … Wie ist es, reden wir genug? Sagen wir uns alles, was wirklich wichtig ist ….? Ich habe gerade Vincent bei ihr abgeholt und eine emotional aufgewühlte Rückfahrt gehabt.
Wie Du mit den Dingen, den Schicksalsschlägen, den Höhen und den Tiefen des Lebens umgehst, fand ich schon immer bewundernswert und nachahmenswert. Ich würde mir gern eine Scheibe (eine besonders dicke Scheibe) davon abschneiden ….
Das soll an dieser Stelle alles sein. Alles Andere möchte ich Dir von Angesicht zu Angesicht sagen!
Deine Toni
Sonja
10. Dezember 2017 at 21:12Liebe Anne,
nun lieg ich hier und weine und lächle ein bisschen, bei der Erinnerung an unsere Begegnung. Denn nun ist mir klar, woher Deine Stärke, Dein Humor kommt. Diese wundervolle Frau, Deine Mama, hat Dich zu der tollen Frau werden lassen, die Du werden wolltest und geworden bist.
Danke. Danke Euch Beiden. wünsche Euch weiterhin Humor und viel Kraft