Liebe Großmama,
Du hast mir das Schwimmen beigebracht, mir mit endloser Geduld aus „Pünkelchens Abenteuer“ vorgelesen. Du hast mit sämtlichen Enkeln (acht Stück) im Auto auf Mallorcas Strassen, unermüdlich „Zehntausend Mann, die zogen in’s Manöver“, „Auf der Schwäbsche Eisebahne“ und „Die Vogelhochzeit“ geschmettert. Nur zum besseren Verständnis: Die drei Lieder zusammen zählen gefühlte 87 Strophen!
Du hat uns abends die Geccos an der Eingangstür gezeigt, den großen und den kleinen Wagen und auf vielen Mallorca-Urlauben Ormiga-Invasionen beseitigt! Danke hierfür noch mal besonders.
Du hast uns mit Unterstützung von Tante die herrlichsten Sprichwörter beigebracht.
„Heiss muss jedem recht sein…bei Kalt, da kann er meckern.“ Wenn wir beim Mittagessen zu gierig waren und uns den Mund verbrannt haben.
„Jedes Ding an seinen Ort, erspart viel Müh, manch böses Wort.“ Das kam immer dann wenn man eh schon verzweifelt war, weil man eben sein „Ding“ NICHT an seinen Ort gelegt hatte.
„Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz.“ Wenn mal jemand bockig war…
Du hast Abende lang Rommée mit uns gespielt. Daher kommt also das Zocker-Gen! Dabei wurde zumindest ich zum Kopfrechnen gezwungen. Gewinnen hat Dir nicht gereicht. Nein! Du wolltest auch wissen wie hoch Du gewonnen hast.
Das beste aber, sind noch heute Deine Geschichten! „Die Großmama am falschen Gate“, „Die Großmama eingesperrt im Auto mit aktiver Alarmanlage“
Geschichten, die von Reisen mit Großpapa und Deinen vier Kindern zum Lago Maggiore erzählen, Die Geschichte von Beate, die in Deiner Küchenschublade eine kleine Maus fand, was Dich zu einem Sprung rückwärts von mindestens 2,50 m, aus dem Stand, auf Stöckelschuhen veranlasste. Beate verbürgt sich für die Distanz!
Die Geschichte, als Dein Sohn Wolf Dich nachts anrief, weil er sein Auto ganz kaputt gefahren hatte, und Du sagtest, das sei doch nur Blech und Du würdest ihn jetzt erstmal abholen. Worauf Wolf Dir sagte, dass Du wohl SEIN Auto nehmen müsstest um ihn abzuholen, da er ja mit EUREM Auto gefahren sei…
Seit ich denken kann, hast Du, liebe Großmama Deine Kinder, Enkel und Urenkel mit Weihnachtsplätzchen versorgt.
4 Kinder, 8 Enkel und 8 Urenkel. Ich kann mich nicht erinnern, dass das Päckchen mit den Keksen kleiner war als ein solider Schuhkarton. Wie Du das geschafft hast ohne Profiküche hab ich mich nie gefragt! Zimtsterne, Himbeerschnitten, Kokosmakronen , Spitzbuben und Ausstecherle kamen immer pünktlich zum Beginn der Adventszeit ins Haus.
Vor ein paar Jahren fingst Du doch mal an zu murren, es würde nun mit der Zeit doch ein wenig anstrengend für all die Nachkommen zu backen. Damit bist Du freilich bei uns Enkeln auf taube Ohren gestoßen. Erst im letzten Jahr – mit 90 Jahren hast Du ernst gemacht. Keine Plätzchen!
Und Recht hast Du! „Etzetle könnet halt Ihr emol ebbes backe!“ Hast Du gesagt. Also, los geht’s!
Zu Deinem 91. Geburtstag einundneunzig Macarons….
Das Projekt startet: …und zwar damit, ein geeignetes Transportbehältnis zu finden. Die Macarons haben einen Weg von Hamburg bis nach Weimar vor sich…und sie mögen es gern kühl. Christian von Dieckmann & Hansen weiß Rat. Worin Kaviar reisen kann, fühlen sich auch meine kleinen Köstlichkeiten wohl. Acht kleine Pappkartons, eine große Styroporbox und jede Menge Kühlakkus bieten Lebensmittel-Transport-Support. Vielen Dank, Lieber Chrischi, ohne Deine Hilfe wär’s wohl ein kümmerlicher Krümel-Matsch, der jegliche molekulare Integrität verloren hätte, der in der Goethe-Stadt angekommen wäre.
Und so wird es gemacht!
Zutaten für ca. 30 Macarons: 200 g gemahlene Mandeln, 190 g Puderzucker, 80 ml Wasser, 200 g feiner Zucker, 160 g Eiweiss, 1 Prise Salz
Das Sieb ist unser Freund. Zumindest für die nächsten Minuten. Puderzucker sieben und mit den Mandeln mischen. Dann in Etappen im Cutter ganz fein mixen. Wieder sieben. Eventuell den Vorgang wiederholen. Die Mandelmischung soll fein und staubig sein.
80 g Eiweiss zu steifem Schnee schlagen. Sobald das Eiweiss beginnt stabil zu werden die Prise Salz zufügen. Ich verwende Fleur de Sel, dass ich im Mörser ganz fein zerrieben habe.
80 ml Wasser mit 200 g Zucker in einen Topf geben und zum Kochen bringen. Glücklich, wer jetzt ein Zuckerthermometer hat. Wenn der Sirup 110-115 Grad hat vom Feuer ziehen und langsam, unter rühren, in einem dünnen Strahl in den Eischnee geben. Und für Ohne-Thermometer-Zuckerbäcker: wenn es richtig heiss ist und wie wild im Topf blubbert und das Gefühl aufkommt: „Wenn ich das Zeug jetzt in meinen wunderschönen, unschuldigen Eischnee giesse, geht doch alles kaputt und ich kann von vorne beginnen! Ich bin doch nicht blöde!!“ Okay, DAS ist der richtige Zeitpunkt.
So sieht ein Bilderbuch-Eischnee aus: Seidig glänzend, glatt und cremig. So stabil und fast unanständig verteidigt er seinen Standpunkt auch auf dem stehenden Quirl. Er darf jetzt offiziel den Dienstgrad „Meringue“ führen.
Nach zufügen des Sirups, die Meringue noch mindestens fünf Minuten weiterschlagen, damit sie langsam abkühlt.
Das restliche Eiweiß mit einer Gabel leicht verschlagen und mit der Mandel-Puderzucker-Mischung verkneten.
Das erste Drittel der Meringue mit einem Spatel energisch unter die ziemlich kompakte Mandelpaste heben. Der Eischnee bricht dabei auf. Gleichmässig von unten nach oben durch die Masse arbeiten und die Reste am Schüsselrand mitnehmen.
Dann das zweite Drittel und schliesslich den Rest unter die mittlerweile schon lockere Macaronage heben. Sollen die Macarons farbig werden, ist jetzt der geeignete Moment Lebensmittelfarben zufügen. Werden Lebensmittelfarben verwendet, am besten welche in Pulver- oder Pastenform. Flüssige Farben verändern beim Backen den Farbton. Glatt und geschmeidig muss es sein, darf aber nicht flüssig werden, sonst laufen die Macarons später auseinander und bekommen keinen gekräuselten Rand.
Den Teig in einen Spritzbeutel mit einer einfachen runden 8 mm-Tülle füllen. Das geht ganz einfach, wenn man den Spritzbeutel in ein hohes Glas stellt.
Werden verschiedenfarbige Macarnos hergestellt, die Beutel mit einem Gummiband verschließen. Das heißt jetzt aber nicht, dass es ewig dauern kann mit der Verarbeitung…!
Auf ein Backpapier in regelmässigen Kreisen Walnusshälften-Große Kleckse setzen. Es kann helfen, sich vorher kleine Kreise als Schablone auf das Backpapier zu zeichnen.
Jetzt kommt meine Paradedisziplin: Geduld! Die Macaronschalen in Spe müssen sich jetzt ausruhen…so eine Art Schönheitsschlaf. Und zwar genau so lange, bis sich an der Oberfläche eine gaaaanz feine trockene Haut gebildet hat. Das dauert ca. 15 – 30 Minuten. Der Test: Wenn man sehr vorsichtig mit dem Finger die Oberfläche berührt und es grade eben nicht mehr klebt, dann ist es perfekt und geht ab in den Ofen.
Bei 150 Grad Umluft 10 – 15 Minuten backen. Jeder Ofen ist anders. Mein eigener Ofen ist eine alte Dame mitten in den Wechseljahren. Stimmungs- und Temperaturschwankungen vom allerfeinsten sind an der Tagesordnung und ganz normal. Nach 10 Minuten mal prüfend mit dem Fingernagel auf ein Macaron tippen.
Nach dem Backen das Backpapier auf ein feuchtes, kaltes Küchentuch geben. Die Macarons kühlen schneller ab und lösen sich besser.
Nun werden die Macaronhälften gefüllt. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Die Füllung muss auch nicht immer süß sein, es geht auch salzig: Macarons ferstehen sich zum Beispiel sehr gut mit Foie Gras….
Die Füllung lässt sich am genauesten mit einem Spritzbeutel auftragen.
MAKING OF:
14. März 2013, 18:30
Ich bin im Begriff die letzte der untenstehenden Füllungen im Kühlschrank zu verstauen. Buttercreme war für mich heute morgen noch ein Flirt mit Lebensmitteln, heute Mittag bereits eine tiefe Liebesbeziehung, gegen Nachmittag eine Zweckgemeinschaft und jetzt kann ich sie nicht mehr sehen! …geschweige denn davon probieren, ohne in der anderen Hand eine Leberwurst-Stulle parat zu haben.
Nach einer Tangonacht und irgendetwas, das salzig, bitter oder scharf schmeckt, geht es an die Macaronschalen.
15. März 2013, 19:47
Meine Küche hat sich in ein Sodom und Gomorra aus Zucker und Eischnee verwandelt. Bevor ich die Letzte Fuhre Teig ansetze muss ich etwas essen, das nicht süss ist. Gar nicht sooo einfach! Buttercreme kann ganz schön viel Platz wegnehmen…vor allem, wenn für eine ganze Legion produziert wurde. Aber im Gemüsefach finde ich ein Paar Salsicchias…und oh Wunder: ein kaltes Bier. Das Leben kann so schön sein.
Und so lehrreich! Ich habe gelernt, Salsiccia neben der Kitchenaid zu braten ist gar nicht so schlau, denn schon kleinste Mengen Fett, dass in die Rührschüssel spritzt, verhindert dass sich Eiweiss in luftige Höhen aufschlagen lässt. Eischnee ist eine Diva, die nur erscheint, wenn alles genehm ist.
Mohn-Mascarpone-Creme:
250 g Mascarpone mit 50 g Puderzucker und 2-3 El Mohn glattrühren. 200 g Schlagsahne steif schlagen und mit der Mascarponecreme vermischen.
Pistazienbuttercreme:
150 g Pistazien im Mixer fein zermahlen und mit 1-2 El Zuckersirup zu einer Paste vermengen. Nach Wunsch etwas grüne Lebensmittelfarbe zufügen. 250 g Butter schaumig schlagen und 100 g Puderzucker zufügen. Weiter schaumig schlagen. Die Butter sieht jetzt ganz hell aus. Dann ca. 80 g gemahlene Mandeln und die Pistazienpaste unterarbeiten und ein letztes Mal alles luftig aufschlagen.
Schokoladen-Ganache:
230 g richtig gute Schokolade (mindestens 70%) fein hacken. 200 ml Schlagsahne mit 1 EL Zucker erhitzen. Schokolade zugeben und schmelzen lassen. 60 g Butter zugeben und alles zu einer glatten Creme verarbeiten. Nach Geschmack können noch Aromen zugegeben werden: Pfefferminzsirup oder 1 Prise Chilli oder ein 1/2 Teel. löslicher Kaffee.
Butter-Karamel:
240 g Puderzucker mit 70 ml Wasser bei mässiger Temperatur erhitzen. Nicht rühren! Nicht zu dunkel werden lassen. Es soll schön karamellfarben sein. Ganz langsam die 120 ml Sahne zugießen und vorsichtig rühren. Wenn das Karamell blasen wirft und eine homogene Konsistenz hat vom Herd nehmen, 180 g gesalzene Butter, in Würfel geschnitten, zugeben und alles gut durchrühren. Mit einer Prise Fleur de Sel abschmecken, Das Butterkaramell braucht 1,5 Stunden Ruhe im Kühlschrank.
Zitronencreme:
70 ml Zitronensaft und 30 ml Limettensaft vorsichtig erhitzen. 2 Eier und drei Eigelbe mit 40 g Zucker schaumig schlagen. Den Zirussaft und 1/4 Teel. Zitronenschalen zugeben und bei ganz milder Hitze dicklich aufschlagen. Dafür darf man sich gern 3 Minuten Zeit nehmen. 60 g Butter und 60 g gehackte weiße Schokolade zugeben und glattrühren.
Mindestens 2 Stunden, besser über Nacht ziehen lassen.
Cocos-Buttercreme:
250 g Butter schaumig schlagen und 120 g Puderzucker zufügen. Weiter schaumig schlagen. Die Butter sieht jetzt ganz hell aus. Dann ca. 100 g gemahlene Kokosflocken (es lebe der Moulinex!) unterarbeiten und ein letztes Mal alles luftig aufschlagen.
Honigcreme:
2 Eigelb mit 70 g Honig luftig schlagen. 250 g Mascarpone zugeben und mit 50 – 60 g Blütenpollen zu einer gefälligen Creme verarbeiten.
Heidelbeer-Ganache
230 g richtig gute weiße Schokolade fein hacken. 200 ml Schlagsahne mit 1 EL Zucker erhitzen. Schokolade zugeben und schmelzen lassen. 60 g Butter zugeben und alles zu einer glatten Creme verarbeiten. Nach Geschmack 3-4 EL Heidelbeermarmelade zufügen.
Himber-Rhababer-Creme:
250 g Mascarpone mit 50 g Puderzucker und 2-3 El Himbeere-Rhabarber-Marmelade glattrühren. 200 g Schlagsahne steif schlagen und mit der Mascarponecreme vermischen.
Vanillecreme:
250 ml Milch mit Mark von 2 Vanilleschoten sanft erhitzen. 3 Eigelbe mit 120 g Zucker glattrühren. 30 g Mehl, 30 g Stärke zu den Eigelben geben und die warme Milch einrühren. 3 Minuten vorsichtig, dicklich einkochen. Vom Feuer ziehen und 110 g gewürfelte Butter einrühren. 2 Stunden, besser über Nacht kühl stellen.
Rosencreme:
250 ml Milch mit Mark von 2 Vanilleschoten sanft erhitzen. 3 Eigelbe mit 90 g Zucker glattrühren. 30 g Mehl, 30 g Stärke zu den Eigelben geben und die warme Milch einrühren. 30 ml Rosensirup zugießen. 3 Minuten vorsichtig, dicklich einkochen. Vom Feuer ziehen und 110 g gewürfelte Butter einrühren. 2 Stunden, besser über Nacht kühl stellen.
Bitterorangencreme:
250 ml Milch mit Mark von 2 Vanilleschoten sanft erhitzen. 3 Eigelbe mit 90 g Zucker glattrühren. 30 g Mehl, 30 g Stärke zu den Eigelben geben und die warme Milch einrühren. 30 ml Orangensirup zugießen. 3 Minuten vorsichtig, dicklich einkochen. Vom Feuer ziehen und 110 g gewürfelte Butter und 1/2 Teel. geriebene Orangenschale einrühren. 2 Stunden, besser über Nacht kühl stellen.
Schokoladen-Buttercreme:
250 g Butter schaumig schlagen und 120 g Puderzucker zufügen. Weiter schaumig schlagen. Die Butter sieht jetzt ganz hell aus.
150 g dunkle Schokolade schmelzen und langsam einarbeiten. Alles nochmal kurz fluffig aufschlage. und mindestens 2 Stunden kalt stellen.
Haselnuss-Nougat-Buttercreme:
250 g weiche Butter schaumig schlagen. 120 g Puderzucker zugeben und tüchtig weiterschlagen. Die Butter muss hell und schaumig sein. 90 g gemahlene Haselnüsse und 50 g Gemahlene Mandeln zugeben und zu einer fluffigen Creme weiterschlagen. 130 g geschmolzenes Haselnuss-Nougat unterrühren. Mit 100 g gemahlenen Walnüssen und 50 g gemahlenen Mandeln wird es eine Walnuss-Buttercreme.
Sesam-Nougat-Creme
50 g Tahin (Sesampaste) und 100 ml Schlagsahne erhitzen und über 200 g gehackte weisse Schokolade gießen. Gründlich glattrühren und auskühlen lassen. Über Nacht kühl stellen.
Anstelle von Tahin, schmeckt auch Erdnuscreme.
3 Kommentare
Besserwisser
16. März 2013 at 08:05Liebe Anne,
es klingt und schaut köstlich aus! …ich trug mich bereits mit dem Gedanken mit meiner Zungenspitze über meine i(Schnee)Pad-Oberfläche zu gleiten, habe mich in letzer Sekunde jedoch entschlossen auf Originale zu hoffen.
Eine kritische Anmerkung sei erlaubt: „Alte Damen“ werden wohl kaum mehr an wechseljahre-bedingten Temperaturschwankungen leiden …es sei denn, Du kannst mir glaubhaft versichern, daß genau eben dort Deine Großmama jetzt angekommen ist.
Floh
20. März 2013 at 10:59Das sieht köstlich aus! Wenn man noch nicht 91 wird – bekommt man die trotzdem???
Love
7. Februar 2014 at 05:59Ich würde mal sagen ja
Ich backe demnächst macarons mit meiner Freundin und wir sind noch NICHT 91 sondern 80 Jahre zurück